FOKUS ist die Währung im Zeitalter der Spezialisten und Optimierer. Wenn wir Knieschmerzen haben, vertrauen wir eher einem ausgewiesenen Kniespezialisten als einem für alle Gelenke zuständigen Facharzt für Orthopädie. Der Trend, dass wir als Konsumenten immer mehr Spezialisierung und FOKUS einfordern, hat in den letzten Jahren zugenommen. In der Medizin wie in anderen Bereichen. FOKUS wird dementsprechend zu einer immer wichtiger werdenden Kategorie im Markenbranding.

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Doch wie funktioniert FOKUS eigentlich? Ein Element wird ausgewählt und rückt in den Vordergrund. FOKUS ist ein Rahmen, der den Blick des Betrachters steuert. Sein Bauprinzip ist Reduktion – ein kompromissloses Entweder-Oder, kein Sowohl als auch! Ein gelungenes Beispiel ist in diesem Zusammenhang der Slogan einer auf Knieverletzungen spezialisierten Ordination in Wien: „NUR Knie, statt AUCH Knie“.

Beim Thema FOKUS durch Reduktion (anders geht es nicht…) verlässt viele Unternehmer der Mut. Das Ergebnis sieht oft so aus: wir sind Spezialisten für X, aber wir machen auch noch A, B, C, D, E und für A, B, C, D, E (und alles andere) sind wir auch Spezialisten… . Das wird so niemand glauben. Wer für alles stehen will, steht am Ende für wenig, allenthalber für Massenware!

Vor einiger Zeit hatte ich ein Gespräch mit einer Fotografin. Ihre Spezialisierung liegt im Bereich Schwarz/Weiß-Fotografie (mit einem Schuss Film Noir). Dieser Stil ist zu ihrem Markenzeichen geworden, mit dem sie sich einen Namen gemacht und Bekanntheit erlangt hat. Die Themenbereiche, die sie in „ihrem“ Stil abdeckt, sind vielfältig: Menschen, Tiere, Architektur, Street Art etc. Durch die FOKUSsierung auf die Kategorie STIL stört die Breite im Angebot nicht. (Eine andere Möglichkeit der FOKUSsierung wäre: Spezialisierung auf eine Kategorie, aber dafür wird diese in mehreren Stilen bearbeitet.)

FOKUS ist in diesem Sinne das Aufeinandertreffen von STABILITÄT (z.B. gleichbleibender Stil) und FLEXIBILITÄT (z.B. verschiedene Kategorien). Dieses Strickmuster wenden Premium-Marken gerne und häufig an!

Bei unserem Gespräch erklärte mir die Fotografin, dass sie fortan auch Hochzeitsfotografie in Farbe anbieten möchte (für schnelle Aufträge zwischendurch). Auf ihre Frage, ob sie dieses Produkt im Rahmen ihrer S/W-Website mitvermarkten solle, habe ich ihr abgeraten. Die Gefahr, die durch den FOKUS mühsam aufgebaute Reputation als Spezialistin zu verspielen, erschien mir zu groß. Statt dessen riet ich ihr, eine eigene kleine Website zu bauen und diese in punkto KEYWORDS gezielt suchmaschinenoptimiert zu gestalten – der Online-Wettbewerb ist bei Hochzeitsfotografie schließlich sehr hoch! Die Bündelung beider Produktlinien (entschleunigte »Film noir«-Fotografie & schnelle, preismarketinggetriebene Hochzeitsfotografie) unter einem Website-Dach wäre der Versuch einer Quadratur des Kreises und zum Scheitern verurteilt.

Was könnte die Fotografin nun auf zwei getrennten Websites konkret tun, um ihre beide Produktlinien adäquat zu vermarkten? In jedem Fall braucht es dazu viel Strategische Planung. In deren Zuge könnten ein paar Maßnahmen sinnvoll sein, etwa diese:

1. Die Unterseite „Über Mich“ auf der Hochzeitsfotografie-Website für Suchmaschinen deindexieren, damit der Name der Fotografin bei Google weiterhin vornehmlich mit ihrem Premium-Produkt in Verbindung steht und kein irritierendes Co-Branding entsteht.

2. Auf der Startseite der Hochzeitafotografie-Website sollten Informationen wie Preis, Ort, Verfügbarkeit, Referenzen schnell sichtbar sein. Insgesamt sollte die Website sehr anfrageorientiert aufgebaut sein und auf SEO setzen. Personalisiertes Branding der Fotografin erscheint hier hingegen weniger wichtig.

3. Anders sieht es aus bei den S/W-Reportagen, deren Wert sich künstlerisch definiert und in diesem Punkt dem Autorenkino nicht unähnlich ist. Entsprechendes personalisiertes Branding der Website ist daher unabdingbar. Dagegen ist SEO weniger entscheidend, da Anfragen für Aufträge in diesem Marktsegment vornehmlich über Reputation, Empfehlungsmarketing und Branchenbekanntheit laufen.  

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Ich  habe in diesem Beitrag nur ein paar exemplarische Tipps herausgegriffen, mit deren Hilfe sich die gewünschte (hochkomplexe) doppelte Markenstrategie erfolgreich bewältigen lässt. medienleiter ist Spezialist für Strategische Markenentwicklung & Digitale Strategie. Für Anfragen stehe ich Ihnen unter leiter@medienleiter gerne zur Verfügung.