Kennen Sie das? Sie lesen konzentriert einen Blogbeitrag oder beschäftigen sich mit anderen Inhalten einer Website und plötzlich taucht vor dem Text, der eben noch ihren gesamten Fokus auf sich gezogen hat, eine dunkle Wolke auf: Abonnieren Sie jetzt unseren Newsletter! garniert mit einem Eingabefeld für die geforderten Daten. Wenn Sie sich brav eintragen, dürfen Sie weiterlesen und dem Content wieder Ihre Aufmerkamkeit schenken. Besuchern der eigenen Website mittels solcher Layer Ads den Lesefluss zu verderben, ist aus meiner Sicht ein No-Go!

Layer Ads

Aufmerksamkeit ist die wichtigste Währung der (digitalen) Informationsgesellschaft! Sinkende Zugriffszahlen auf Blogs lassen es nicht wirklich angeraten erscheinen, die Zuneigung von Usern dem eigenen Content gegenüber brachial abzuwürgen. Es ist, wie wenn man trommelt und bettelt, damit Leute zu einer Veranstaltung kommen, und wenn sie dann da sind, beginnt man sie – ohne es vorher angekündigt zu haben – abzukassieren.

Der Appetit vergeht beim Störmanöver!

Klar, man kann die ungebetene Aufforderung per x-Klick auch wieder wegmachen, nur ist das meist (gewollt) mühsam. Aber auch wenn es leicht geht, mir verdirbt es nach einem unfreundlichen Abonnier-mich!-Störmanöver in der Regel den Appetit und ich ertappe mich immer öfter dabei, in so einem Fall nicht nur die stupide Aufforderung sondern gleich die ganze Seite wegzuklicken. Der verlorene Fokus käme so schnell eh nicht wieder und üblerweise sind viele Layer Ad auch noch so eingestellt, dass sie nicht nur einmal sondern in regelmäßigen Abständen immer wieder aufpoppen. Das ist es mir nicht wert.

Erst bezahlen, dann konsumieren!

Auf der anderen Seite muss man aber auch sehen: E-Mail-Adressen für den Vertrieb via Newsletter etc. sind das A und O im Online Marketing. Die Idee, Menschen, die sich nicht von selbst in den Newsletter eintragen, mit sanftem Druck dazu zu animieren, ihre Kontaktdaten herzugeben, ist nachvollziehbar. Das erfolgt freilich auch auf die Gefahr hin, dass man bei vielen Website-Besuchern an Reputation einbüßt und mitunter die Anmutung eines billigen Diskonters erzeugt. Etwas ganz anderes hingegen sind E-Books, White-Papers etc., bei denen man sich vorab den Zugang durch Bekanntgabe z.B. der E-Mail Adresse (für Newsletter-Zusendungen) freischalten lassen muss. Hier wird nicht in den Leseprozess störend eingegriffen und der Deal ist mE auch „fairer“: ich bezahle (via Daten) und dann konsumiere ich anstatt: ich werde eingeladen, konsumiere (d.h. ich schenke Aufmerksamkeit) ein wenig und werde plötzlich von einem Layer-Ad-„Keiler“ unsanft angemacht, der etwas von mir will. Das Risiko, dass weniger Klicks erfolgen, wenn man sich erst via Daten registrieren muss, liegt natürlich auf der Hand. Das ist auch der Grund, warum viele lieber auf den (faulen) Kompromiss von Layer Ads setzen. Damit riskieren sie aber die Verärgerung ihrer Gäste. Und sie zerstören das Erlebnis einer Website! Dieser Faktor wird für das Online-Branding aber immer wichtiger. Oder fühlen Sie sich bei TV-Sendern wohl, wo jeder Film alle 2 Minuten von Werbung unterbrochen wird? Eben.

Fokus statt Optimierung!

Nur weil viele große Websites und Unternehmen, die eine stabile Markenreputation bei hoher Reichweite haben, Layer Ads verwenden, heißt das noch lange nicht, dass jedermann das tun sollte. Ich halte es hier mit der Devise der alten Römer: Quod licet Iovi non licet bovi! (Dt. Was dem Jupiter erlaubt ist, ist dem Rind noch lange nicht erlaubt!) Wer also noch mit diesen „Hausaufgaben“ (Reputationsaufbau, Reichweitenaufbau) beschäftigt ist, sollte aus meiner Sicht v.a. zwei Dinge tun:

a.) die Website so besucherfreundlich wie möglich gestalten und
b.) den Fokus auf die Inhalte (gute Lesbarkeit etc.) ermöglichen!
Beides ist schwierig genug.

So konsolidiert man die Basis, die nun mal aus Vertrauen und Usability besteht. Dies gilt für wissensbasierte Dienstleistungswebsites ebenso wie für Agenturen etc. (Bei Verkauf-Websites, die auf aktives Preismarketing setzen oder einen Webshop betreiben, sieht die Sache naturgemäß anders aus.)

Quod licet Iovi non licet bovi! Newsletter

Und ja, ich gestehe es: ich bin auch ein Rindvieh! :-)

Beim Website-Relaunch vor ein paar Monaten habe ich in diesem Sinne v.a. Wert auf eine Sache gelegt: FOKUS! Dabei habe ich mich u.a. inspirieren lassen von der Website der großartigen Webdesign-Agentur Information Architects (Tokio/Zürich). Diese ist, was Bekanntheit und Markenreputation betrifft, zu 100% Jupiter und nicht Rind – und trotzdem verzichten auch sie auf Firlefanz wie Layer Ads. Das sollte zu denken geben…

FAZIT

Marketing-Automation-Plugins sind toll. Aber sie dienen nur dann der Optimierung (optimus = das Beste), wenn die Basis (Markenreputation, Reichweite) bereits gut ist. Dem Herdentrieb – was die großen machen ist toll, und ich sollte dem Beispiel unbedingt folgen – gilt es die eigene Reflexion entgegenzusetzen: bringt es mir mit meinen Voraussetzungen auch den gewünschten Effekt? In den meisten Fällen lautet die Antwort: nein!