Im Beitrag Bewertungsplattformen: Welche Macht sie wirklich haben habe ich dargelegt, dass „nicht jede Jubelmeldung nützt“, aber „auch nicht jeder negative Kommentar (…) eine Katastrophe“ ist. Die Wirksamkeit von Kommentaren bei docfinder.at, kununu, booking.com & Co hängt zu einem großen Teil ab vom Storytelling-Anteil und den dabei generierten „emotionalen Triggern“ ab. Anders gesagt: wie groß ist das Potenzial, dass sich außenstehende UserInnen mit einer Bewertung bzw. einem Bewerter/einer Bewerterin identifizieren können? (Beispiele hierfür finden Sie in meinem Blogeintrag zum Thema Priming: Die Macht des Storytelling auf Bewertungsplattformen.) In diesem Beitrag gebe ich Ihnen nun eine Art Kompass an die Hand, der es Ihnen erleichtern soll, Bewertungen richtig zu klassifizieren. Auf dieser Grundlage können Sie im Bedarfsfall strategisch richtig reagieren!

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Nehmen wir den Fall an, Sie sind mit einer Bewertung konfrontiert, in der jemand eine konkrete Situation schildert, in welcher er/sie mit Ihnen zu tun hatte. (Lassen wir an dieser Stelle offen, ob die Bewertung positiv oder negativ formuliert ist.) Sie stellen fest, als LeserIn kann man leicht die Position des Erzählers/der Erzählerin nachvollziehen und sich mit ihr identifizieren. Anders gesagt: Sie erkennen, dass Sie es hier mit einem potenziell einflussreichen und wirkungsmächtigen Beitrag zu tun haben. Nun geht es darum, diese richtig einzuordnen.

Innerhalb der Gruppe der potenziell wirkungsmächtigen Beiträge gibt es in Hinblick auf die (bei der Mehrheit der LeserInnen) erzeugte Wirkung nun 4 mögliche Grundszenarien:

– Positive Beiträge, die nützlich sind (häufig!)

– Negative Beiträge, die nützlich sind (selten!)

– Positive Beiträge, die schädliche sind (selten!)

– Negative Beiträge, die schädliche sind (häufig!)

Um für Sie den Faktor der Wirkungsmächtigkeit besser nachvollziehbar zu machen, demonstriere ich Ihnen die einzelnen Szenarien anhand einiger Beispiele aus dem Bereich Ärztebewertungsplattformen. (Anmerkung: die Texte sind zwar angelehnt an echte Bewertungen, wurden aber frei erfunden und sind daher keinen realen Personen zuordenbar):

  • Positive Beiträge, die nützlich sind (häufig):

„Die Operation ist perfekt verlaufen – ich bin schmerzfrei und kann endlich wieder mit meinen Kindern spielen. Dr. XY hat sich wirklich sehr um mich bemüht. Er hat sich Zeit genommen und ist auf alle meine Fragen eingegangen. Auch die Angst vor der Operation und den Schmerzen danach hat er mir genommen. Ein wirklich toller Arzt!“

Anmerkung:Nützlich, weil der positive Eindruck sich aus einer konkret erzählten Begebenheit erschließt, die auch emotional bewegend ist. Ma kann sich in das  erzählenden Ich gut hineinfühlen und mit ihm identifizieren. Die positive Kommentierung „toller Arzt“ ist nur mehr das Sahnehäubchen.

  • Negative Beiträge, die eine nützliche Wirkung entfalten (sehr selten!)

„Die Behandung hat wohl gepasst, aber dass ich als Privatpatient 30 Minuten wegen eines schreienden Kindes warten musste (die Mutter hat ihm wohl vorher gesagt: „schrei, dann nimmt dich der Onkel Doktor gleich dran!“ Arge Leute gibt es…), finde ich, gelinde gesagt, eine Frechheit!“

Anmerkung:Der Bewerter präsentiert seine Wahrnehmung im Rahmen negativer und überheblicher Emotionen und schreckt auch vor Unterstellungen nicht zurück. Diese Selbstüberhöhung zeigt wenig Respekt und Solidarität mit anderen Patienten. Als User der Plattform wird man sich dem hier polternden Ich daher nur schwer identifizieren können. Es überwiegt eine negative Grundstimmung.

  • Positive Beiträge, die eine schädliche Wirkung entfalten (sehr selten!)

„Endlich ein Zahnarzt, der nicht lange herumfuchtelt. Zum Reden brauche ich keinen Arzt. Die Weicheier, die wegen ein bisschen Aua und einem forschen Tonfall vom Herrn Doktor herumjammern, die sollen halt woanders hingehen. Chapeau Herr Doktor, meine Zustimmung haben Sie, weiter so!“

Anmerkung: Wer solche Fans hat, braucht wohl keine Feinde mehr. In einem Fall von – nennen wir es einmal – geschäftsschädigender Solidarität, tut es unbedingt Not, das von sich gezeichnete Bild (auch wenn es positiv bewertet wird) gerade zu rücken!

  • Negative Beiträge, die eine schädliche Wirkung entfalten

„Der Arzt hat einen kaputten Meniskus und ein gerissenes Kreuzband nicht bemerkt. Die mitgebrachten MR-Bilder hat er sich nur flüchtig angesehen und mein Knie nur oberflächlich angeschaut. Über meinen Einwand, dass ich große Schmerzen habe und das Knie anschwillt, hat er sich sogar noch ein wenig lustig gemacht. Nach 10 Minuten war er weg, obwohl ich noch Fragen hatte. Ich bin zu einem anderen Arzt gegangen, der sich Zeit genommen hat, und meine Verletzungen richtig diagnostiziert und behandelt hat.“

Anmerkung: Im Rahmen von Bewertungsplattformen ist dies der heikelste Fall. Drei Szenarien sind grundsätzlich denkbar: (a.) die Bewerter/die Bewerterin hat in der Sache recht, (b.) er/sie hat nicht recht, oder (c.) es liegt ein Missverständnis vor. Patentempfehlungen für richtiges Reagieren können an dieser Stelle nicht gegeben werden. Sie sollten die Rückmeldung im Sinne des eigenen Qualitätsmanagements unbedingt ernst nehmen und gegebenenfalls für die Zukunft aus der Sache lernen! Auf den Kommentar müssen Sie reagieren! Tun Sie es nicht, wird jedeR UserIn die Bewertung für bare Münze nehmen. Sie vermitteln außerdem, dass Sie Feedback nicht ernst nehmen, und so etwas kommt nie gut an! Wer hingegen aktiv überzeugende Krisenkommunikation beherrscht, zeigt auch Souveränität und kann verlorenes Vertrauen (ein Stück weit wenigstens) zurückgewinnen.

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Was im Einzelfall die richtige Reaktion im Sinne eines professionellen Reputation Management ist, hängt von verschiedenen Begleitfaktoren ab und kann nur auf individueller Basis unter Berücksichtigung der jeweiligen Begleitumstände zuverlässig ermittelt werden. Somit können an dieser Stelle auch keine schematischen Empfehlungen ausgesprochen werden, wie eine richtige Reaktion aussehen könnte. Gerne aber setze ich mich mit Ihnen in Verbindung, um Sie nach einer präzisen Unternehmens- und Umfeldanalyse mit klaren Handlungsempfehlungen und Wenn-Dann-Regeln auszustatten, die EXAKT auf Ihre Situation zugeschnitten sind und alle relevanten Begleitumstände adäquat in Betracht ziehen. Senden Sie dazu einfach ein E-Mail an leiter@medienleiter.net.)